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TV-Tipp nicht nur für Self-Publisher: Storyseller – Wie Amazon den Buchmarkt aufmischt [jetzt online]

Die Self-Publisherin Emily Bold (Foto: Arte)
Die deutsche Self-Publisherin Emily Bold (Foto: Arte)

Am Mittwoch (16. April 2014) zeigt arte um 22:30 Uhr die Dokumentation »Storyseller – Wie Amazon den Buchmarkt aufmischt«. Nachtrag: Jetzt im Netz online anzusehen. Brigitte Kleine, Autorin des TV-Beitrags, porträtiert darin u. a. die deutsche Self-Publisherin Emily Bold und ihre französische Kollegin Agnès Martin-Lugand.

Der TV-Beitrag beleuchtet die verlegerischen Ambitionen Amazons und welche Rolle dabei die Autoren spielen. Kleine hat zudem Amanda Hocking in den USA besucht, die als erste erfolgreiche Self-Publisherin gilt – und die schließlich psychische Probleme bekam.

Wir haben die TV-Dokumentation bereits vorab gesehen und verraten, ob sich das Einschalten lohnt.

In der offiziellen Programmbeschreibung von arte heißt es über die Dokumentation:

Amazon, das größte Online-Kaufhaus der Welt, hat in jüngster Zeit durch einen Skandal um Leiharbeiter und fragliche Steuerpraktiken für Schlagzeilen gesorgt. Doch längst stiftet der weltgrößte Online-Buchhändler in der Verlagsproduktion Unruhe. Der Konzern begnügt sich nicht mehr damit, Bücher übers Internet zu verkaufen: Er macht mittlerweile selbst welche. Mit seiner Self-Publishing-Plattform und mit einem neu gegründeten Verlag greift Amazon das alte System der Autoren, Verlage und Buchhändler an. Droht der Buchkultur, wie wir sie kennen, der Kollaps?

Es ist der Traum aller Hobbyautoren: das eigene Werk in den Buchhandlungen sehen. Aber die Ochsentour durch die Verlage ist hart, normalerweise hagelt es Absagen. Mit Hilfe von Amazon kann ihr Traum nun in Erfüllung gehen. Schreiben, hochladen und innerhalb kurzer Zeit werden ihre Bücher hundertfach heruntergeladen, finden sich die Hobbyautoren in Rankings und Bestsellerlisten wieder.

Self-Publishing – mit Amazon ist das Verlegen von Büchern einfach wie nie. Doch übernimmt der Online-Riese nicht die Aufgaben herkömmlicher Verlage: Marketing, Lektorat, Sekretariat – um all das müssen sich die frischgebackenen Self-Publisher selbst kümmern. Das bedeutet nicht selten 70-Stunden-Wochen. Und das Aussterben traditioneller Verlage und Buchhandlungen.

In den USA werden bereits 75 Prozent der gedruckten Bücher von Amazon verkauft, im Handel mit E-Books hat der Konzern auch in Europa ein Monopol. Mit geschickten Angeboten gelingt es ihm zuweilen, die Buchpreisbindung zu umgehen, den letzte Schutzwall der klassischen Buchkultur in Deutschland und Frankreich. Auch hier überflutet Amazon den Markt mit billigen E-Books, seichter Unterhaltungsliteratur – eben mit dem, was die breite Masse anspricht.

Was ist mit den Autoren, deren Bücher keinen Massengeschmack treffen? Was mit den Lesern, die auch jene Bücher brauchen, die unbequem sind, aufwühlend, überraschend? Obwohl sie auf den Verkaufs-Rankings ganz unten stehen? Wird es sie noch geben, wenn ein Player wie Amazon den Vertrieb kontrolliert und dazu die Inhalte?

Die Dokumentation verfolgt die Gewinner und Verlierer dieser radikal neuen Entwicklung.

Die Meinung der literaturcafe.de-Redaktion zu »Storyseller«:

Anders als der ebenfalls vom Hessischen Rundfunk produzierte Beitrag »Ausgeliefert! Leiharbeiter bei Amazon« vom Februar 2013, der die Diskussion um die zweifelhaften Arbeitsbedingungen bei Amazon in Gang brachte, der aber oftmals auch optisch sehr reißerisch und effekthaschend daher kam, ist »Storyseller« ein angenehm ruhiger und informativer Bericht.

Self-Publisherin Agnès Martin-Lugand (Foto: Arte)
Die französische Self-Publisherin Agnès Martin-Lugand (Foto: Arte)

Hier wird nicht auf die mittlerweile in TV-Dokus übliche Dramatisierung gesetzt. Dem Film ist anzumerken, dass er sich um eine ausgewogene Darstellung der Sachverhalte bemüht und Vor- und Nachteile des Self-Publishing aufzeigt. Dabei werden die Akteure nicht vorgeführt, obwohl auch private Momente gefilmt wurden.

Die Autorin Emily Bold schafft es in ihrer natürlichen und offenen Art ohnehin seit jeher, die Begeisterung am digitalen Selbstverlegen rüberzubringen, ohne dass sie dabei die Realität aus den Augen verliert. Die Dokumentation zeigt Bold unmittelbar beim Veröffentlichen eines neuen Buches. Und auch ihre Reise in die USA auf der Suche nach der gedruckten englischen Ausgabe ihres Buches dokumentiert das Filmteam. Der Autorin gegenübergestellt wird der Erfolg des deutschen Autors Oliver Pötzsch, der mit seiner Henkerstochter-Saga in den USA bereits sehr erfolgreich ist.

Die amerikanische Self-Publisherin Amanda Hocking (Foto: Arte)
Die amerikanische Self-Publisherin Amanda Hocking (Foto: Arte)

Dass die französische Self-Publisherin Agnès Martin-Lugand mittlerweile bei einem Verlag glücklich ist und auch Amanda Hocking nun bei einem Verlag veröffentlicht, weil sie irgendwann dem psychischen Druck nicht mehr stand hielt und fast alle 10 Minuten ihre Amazon-Rankings checkte, mag für einige Self-Publisher vielleicht zu verlagsfreundlich daherkommen – doch auch hier zeigt die Dokumentation nur eine mögliche Entwicklung auf.

Brigitte Kleine ist es zudem gelungen, dass sie am Amazon-Hauptsitz Seattle mit dem für die verlegerischen Aktivitäten zuständigen Amazon-Mitarbeiter Jeffrey Belle sprechen konnte. Ebenfalls im Film zu Wort kommen KiWi-Verleger Helge Malchow, der Literaturagent Peter Fritz und der Geschäftsführer des Börsenvereins des deutschen Buchhandels Alexander Skipis.

Und nicht zuletzt stellt der Film am Ende die bereits oben zitierte Frage, die derzeit niemand beantworten kann:

Was ist mit den Autoren, deren Bücher keinen Massengeschmack treffen? Was mit den Lesern, die auch jene Bücher brauchen, die unbequem sind, aufwühlend, überraschend? Obwohl sie auf den Verkaufs-Rankings ganz unten stehen? Wird es sie noch geben, wenn ein Player wie Amazon den Vertrieb kontrolliert und dazu die Inhalte?

Fazit: Unbedingt im TV oder im Web ansehen oder eine Aufzeichnung programmieren. Der Film zeigt wohltuend unaufgeregt die Vor- und Nachteile des Self-Publishing und die Rolle Amazons in diesem Geschäft.

Storyseller – Wie Amazon den Buchmarkt aufmischt
Produktion: Hessischen Rundfunk 2013/2014. Stereo, HD, 16/9. 52 Minuten.
Sendetermin: Mittwoch, 16. April 2014 um 22:30 Uhr
Wiederholung: Samstag, 03. Mai 2014 um 2:20 Uhr

Aktuell: Der Beitrag ist jetzt online – und eine Info-Seite mit Diskussionsmöglichkeit

Online in der Arte-Mediathek Arte+7 abrufbar vom 16.04-23.04.2014. Außerdem hat Arte eine Info-Seite ins Netz gestellt mit einer Grafik »Amazon und Self-Publishing«. Außerdem steht der ebenfalls im Film porträtierte Autor Oliver Pötzsch zur Diskussion bereit.

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7 Kommentare

  1. “Was ist mit den Autoren, deren Bücher keinen Massengeschmack treffen?”

    Die nimmt Amazon auch noch mit, das nennt sich Long Tail. Und verdient auch an den Ladenhütern der Verlage und self publisher – die Masse macht es. Aktuell sind das über 40% des Buchumsatzes von Amazon.

    Insofern eine überflüssige Schlussfrage. Jeff Bezos wird den Teufel tun, Inhalte zu kontrollieren, sprich auszuschließen.

  2. Zum Thema Self-Publishing
    Ich kann angesichts der gegenwärtigen Bedingungen in der Buchbranche nicht erkennen, warum man diese Form der Veröffentlichung verteufeln soll. Amazon ist zudem längst nicht der einzige Anbieter dieser Art. Ich denke da an die deutschen Anbieter BoD oder epubli u.v.a. Sie alle kompensieren das leidliche Thema der Druckkostenzuschussverlage, bei denen es auch nur um die Herstellung der Bücher geht, wo gutes Marketing fehlt und wo von verlegerischer Qualität selten etwas zu spüren ist. Ich kenne keine Branche in der deutschen – auch weltweiten – Wirtschaft, wo ein Zwischenprodukt (Manuskript) kostenlos abgegeben werden muss, um zu einem Endprodukt verarbeitet zu werden. In der Buchbranche setzt man noch eines drauf. Der Autor muss noch mitfinanzieren, damit die Branche zu einem Buch kommt. Wer hat sich einmal angeschaut, wie ungerecht die „Erlöse“ verteilt werden?
    Während der Autor 10% bis max. 15% vom verbleibenden Netto bekommt (gemeint ist abzüglich der Buchhandelsspanne, was de facto dann 6% bis 8% vom Nettopreis bedeutet, fordert der Buchhandel seine 30 bis 50 Prozent. In vielen Fällen tut er nichts für das Buch, sondern vermittelt es nur, wenn der Kunde nach einer Presserezension oder einer Lesung nachfragt – beide sind aber 1. der alleinige Verdienst des Autors und 2. gibt es kein Vermittlungsgeschäft mit solchen Konditionen.
    Hier ist der Fluch also ganz nah beim Segen. Jeder Autor bekommt bei dieser Verleger-Art sein Buch fast kostenlos veröffentlicht(geringe Kosten für ISBN ausgenommen), der Fluch Nr.1: Er muss viel dafür tun. Der Fluch Nr.2: Der viele Schrott auf dem Buchmarkt. Aber hier reguliert hoffentlich der Markt.
    Ich bin gespannt, wie andere Autoren das Thema sehen.
    Maxi

  3. “Ein angenehm ruhiger und informativer Bericht” – man fragt sich ja, ob der Autor den Beitrag bis zum Ende angesehen hat. Im letzten Drittel hatte ich das eher Gefühl, einen Propagandafilm der deutschen Buchverleger anzusehen …

  4. Nun ja, angenehm ruhig war der Bericht durchaus. Schöne Bilder für’s Auge, keine zu schnellen Schnitte, usw.

    Einigermaßen kraß fand ich die Kommentare des Monsieur Gallimard, der uns mit seiner Phantasie einer herrlich kuscheligen Verlagswelt einlullen wollte – die bekanntlich schon seit sehr langer Zeit für mindestens 90 % aller Verlagsautoren ein Wunschtraum ist und bleibt.

    Ein Propagandafilm, sehr richtig! Nichts anderes war dieser Film. 70-Stunden-Wochen für die Autoren, während ein paar Schnitte weiter der Palast des Gallimard-Imperiums zu bestaunen ist. Um solche herrlichen Verlags-Anwesen zu betrachten, muß man aber nicht extra nach Frankreich pilgern – die gibt’s hier genauso.

    Wir dürfen offenbar gerade den Zusammenbruch eines jahrhundertealten feudalen Herrschaftssystems miterleben – mit allen Details, die solche Zusammenbrüche stets begleiten, wie beispielsweise das verzweifelte Aufbäumen der Untergehenden samt ihres ihnen treu ergebenen Fußvolks.

    Emily Bolds Kommentar auf ihrer Website bringt die Sache auf den Punkt. Als Schmankerl verlinkt sie darin einen Artikel in der Frankfurter Rundschau, der inhaltlich durchaus angemessen und ausnahmsweise einmal keine Propagada ist. Peinlich nur für den Journalisten der Frankfurter Rundschau, wenn er uns weismachen will, daß Seattle im Osten der USA liegt. Tja, das Imperium verdunstet – wie katholische Kleriker sich immer auszudrücken pflegen, wenn’s um ihr eigenes Imperium geht.

  5. Hier kann man den Storyseller auch heute noch online anschauen.
    http://future.arte.tv/de/schoene-neue-buecherwelt
    (Einfach einen halben Kilometer runterscrollen.)

    Ich fand die Doku ein bissel schlapp, und auch noch die Musik von Resident Evil, also echt!
    Ich meine nach ein paar Wochen das Buch in einer Buchhandlung in Amerika zu suchen is ja schon ein bissel “bold”, nach ein paar Monaten oder ein-zwei Jahren geht da wahrscheinlich schon mehr, aber eben nicht bei den amazon-Gegnern, die werden es wohl nie ins Sortiment aufnehmen.

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